Auf die Förderung kommt es an
(Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 6/2024.)
Die Welt verändert sich ständig und mit ihr unsere Vorstellungen von Kultur. In diesem Wandel wurden auch Games bedeutender Bestandteil unserer kulturellen Landschaft. Ja, richtig gehört – Games sind längst nicht mehr nur Zeitvertreib oder Unterhaltung. Sie sind bereits jetzt integraler Bestandteil der Lebenswelt vieler Menschen jeden Alters: Mit rund 34 Millionen »Gamern« allein in Deutschland und über drei Milliarden Menschen weltweit, die regelmäßig Computerspiele spielen, haben Games längst die Mitte unserer Gesellschaft erreicht und stellen damit auch niedrigschwellige Einstiege in Geschichte, Bildung und bildende Kunst dar.
Zudem haben sie sich besonders in Zeiten der Pandemie als wichtige soziale Räume etabliert, die Menschen miteinander verbinden, Gemeinschaft stiften und bedeutende Schnittstellen zwischen Realität und Virtualität sein können, die das Potenzial haben, unsere Kultur nachhaltig zu prägen. Doch Games sind nicht nur ein Spiegelbild unserer Gesellschaft, sondern auch ein Sektor mit immensem Potenzial. Sie sind Treiber von Innovationen und ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.
Die Gaming-Industrie ist ein bedeutender Wirtschaftszweig in Deutschland, der nicht nur für unterhaltsame Stunden sorgt, sondern auch maßgeblich zur wirtschaftlichen Entwicklung unseres Landes beiträgt. In Anbetracht der rasanten technologischen Fortschritte und der stetig wachsenden Bedeutung digitaler Medien ist es unerlässlich, dass wir die Potenziale dieses Sektors heben. Doch dazu bedarf es einer gezielten und effizienten Förderpolitik, die die aktuellen Herausforderungen der Branche berücksichtigt und innovative Lösungen bietet.
Die »Strategie für den Games-Standort Deutschland« der Bundesregierung enthält zahlreiche Ansätze, die in die richtige Richtung weisen. Ziel ist es zum einen, die Anzahl der Beschäftigten innerhalb der Kultur- und Kreativwirtschaft sowie die Zahl der Spielveröffentlichungen aus Deutschland zu erhöhen, und zum anderen, gleichzeitig die Position der deutschen Games auf dem nationalen wie internationalen Markt zu stärken. Die Strategie bietet eine solide Grundlage für weiterführende Maßnahmen. Doch um die großen Potenziale dieses Wirtschaftszweiges wirklich zu heben, bedarf es mehr als nur wohlklingender Absichtserklärungen.
Im ersten Schritt müssen die bestehenden Instrumente der Games-Förderung effektiver gestaltet und zügig zur Anwendung gebracht werden. Es kann nicht sein, dass Richtlinienentwürfe im bürokratischen Dickicht und ministerialen Kompetenzgerangel stecken bleiben und wichtige Entscheidungen auf die lange Bank geschoben werden. Eine zeitnahe Umsetzung ist unerlässlich, um den dynamischen Anforderungen der Branche gerecht zu werden – erst recht, wenn der Bundestag Mittel dafür zur Verfügung gestellt hat. Darüber hinaus muss es das Ziel sein, die Förderbudgets auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau anzuheben.
Außerdem ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern von entscheidender Bedeutung. Die Games-Förderung muss Hand in Hand mit den Ländern aufgestellt werden, um eine harmonisierte und effiziente Förderlandschaft zu gestalten. Der Bund sollte aktiv auf die Länder zugehen. Dabei muss übermäßige Regulierung und Bürokratie vermieden werden, damit die Innovationskraft der Branche nicht erstickt wird, ohne dass dabei auf hohe gesellschaftliche Standards an geförderten Games verzichtet wird.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das Austarieren der Förderung für kleinere und größere Produktionen. Es braucht geeignete Instrumente, um sowohl den vielversprechenden Start-ups/Indies als auch etablierten Studios optimale Unterstützung zu bieten. Wie man an anderen erfolgreichen Standorten weltweit erkennen kann, ist nur ein umfängliches Ökosystem wirklich erfolgreich. Die Games-Branche in Deutschland umfasst bislang nur kleine und mittlere Unternehmen. Ansiedlungen großer Unternehmen sind daher zu Recht Bestandteil der Strategie der Bundesregierung. Gleichzeitig ist es richtig, dass die Förderung kleinerer Produktionen besondere Beachtung findet. Der Ausschluss von kleineren Projekten bei der Förderung berücksichtigt dabei nicht hinreichend die Struktur der Branche und verwehrt kleineren Unternehmen die Entwicklungsperspektive. In wichtigen Teilen der Kultur- und Kreativwirtschaft beobachten wir, dass die starren antragsgestützten Fördersysteme zu unflexibel sind und mit dem Tempo der Veränderung nicht mehr Schritt halten können. Ich plädiere deswegen gerade hier für mehr Mut und halte die Einführung eines Steueranreizsystems für überzeugend.
Im Bereich der Bildung kennen wir bereits die Forschungszulage, die als steuerliche Förderung neben die gut ausgebaute Projektförderlandschaft tritt und so Investitionen in den Standort Deutschland stärkt und die Forschungsaktivitäten insbesondere kleiner und mittlerer Unternehmen anregt.
Für etablierte Entwicklungsstudios wäre die Einführung einer Förderzulage Games genauso wünschenswert, wie sie richtigerweise gerade bei der Novelle des Filmförderungsgesetzes diskutiert wird. Auch hier geht es darum, Wettbewerbsnachteile gegenüber dem Ausland auszugleichen und der Branche in Deutschland einen entscheidenden Schub zu verleihen.
Es ist an der Zeit, unsere Förderpolitik an die dynamischen Anforderungen der Kultur- und Kreativwirtschaft anzupassen und eine erfolgreiche Zukunft für diesen wichtigen Wirtschaftszweig zu ermöglichen. Mit einer klugen und ambitionierten Neuausrichtung können wir diese Potenziale ausschöpfen und Deutschland als einen der führenden Standorte für Games auf die Landkarte setzen.
(Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 6/2024.)