Rede zum TOP „Alphabetisierungskurse und Integrationsarbeit“

192. Sitzung vom 11.10.2024

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der abschließenden Bewertung kann ich mich Herrn Hoppenstedt anschließen. Natürlich war es nicht die Intention der AfD, hier eine ernsthafte Debatte über Alphabetisierung zu führen. Sehr geehrter Herr Präsident! Das ist auch in dem, was Frau Kollegin Höchst gesagt hat, sehr deutlich geworden, die es als Mitglied des Bildungsausschusses ja eigentlich besser wissen müsste. Aber die Intention war eben, hier wieder eine fremdenfeindliche Soße zusammenzurühren, um sich mal wieder, wie wir das von der AfD kennen, eine Gruppe, die als besonders diffamierungsfähig zu gelten scheint, herauszunehmen und auf dieser herum- zuhacken. Das ist nicht überraschend – so weit, so schlecht –; denn so kennen wir Sie, und wir kennen Sie halt nicht anders. Insofern war das alles auch nicht überraschend, was von Ihrer Seite an der Stelle kam. – In der Tat, es ist nicht überraschend, dass ich einen anderen Ansatz habe als die AfD, nämlich zu schauen: Welche Unterstützungen brauchen wir denn für Men- schen, die hier im Land sind? Das muss doch der Ansatz sein. Ich werde auch nicht über Ihr Stöckchen springen und jetzt eine Debatte über Migration und Zuzug im Allge- meinen führen. Es geht hier um Menschen, die hier im Land sind, denen hier auch Teilhabe gesichert werden soll. Es ist doch eine Binsenweisheit, dass es um Sprachkom- petenz geht, dass man Sprachkompetenz braucht, um Teilhabe in einem Land zu erfahren. Genau an dieser Stelle setzt doch auch das Thema Integrationskurs mit Alphabetisierung ein. Es geht gar nicht um die Frage, ob das alles perfekt ist, was dort gemacht wird. Es geht nicht um die Frage, ob man das System nicht verbessern kann. Ich finde es aber ein starkes Stück, Frau Höchst – das muss ich tatsächlich mal sagen –, wenn Sie die vielen Partnerinnen und Partner, die Integrationskurse geben, so mir nichts, dir nichts gleich mit schlechtmachen, indem Sie sagen, das sei eine Liste von 1 000 Anbietern, die nur mäßige Arbeit machen. Damit meinen Sie dann offensichtlich auch die Bildungswerke der Wirtschaft, die Bildungs- werke der Gewerkschaften, die Bildungswerke der Kir- chen und Religionsgemeinschaften und ganz nebenbei noch 400 Volkshochschulen, die sich dort auch verdient machen. Ich finde, das ist eine ziemliche Unverschämt- heit. Das will ich an der Stelle auch mal deutlich sagen. Es ist andersherum hingegen so – und richtigerweise ist es so –, dass sich unterschiedliche Bundesregierun- gen, Bundesregierungen unterschiedlicher Zusammen- setzung Gedanken über Alphabetisierung und Grundbil- dung machen und gemacht haben, allerspätestens seit der LEO-Studie I aus 2010/2011, wo wir gelernt haben, dass 7,5 Millionen funktionale Analphabeten in unserem Land sind, und wir auch – übrigens in gemeinsamer Verant- wortung mit der Union – die Alphastrategie, die Alpha- Dekade aufgesetzt haben, die jetzt in zwei Jahren aus- läuft. Wir wissen – LEO-Studie II von 2018 –, dass wir immer noch 6,2 Millionen funktionale Analphabeten haben. Es ist genannt worden: Über die Hälfte davon haben Deutsch als Muttersprache. Und das ist das Thema, das wir brauchen. Wir haben Deutsche mit deutschem Hintergrund – was auch immer das ist –, wir haben Deutsche mit ausländischem Hintergrund, wir haben Bürgerinnen und Bürger aus der Europäischen Union und Bürgerinnen und Bürger von außerhalb der Europäischen Union. Und in all diesen Gruppen gibt es Menschen, die beim Thema Alphabetisierung und Grundbildung Unterstützung brauchen. Ich finde es richtig, dass wir als Ampel – wir als SPD vorher auch schon in anderen Koalitionszusammenhän- gen – sagen: Wir wollen dieses Problem nicht nur be- schreiben, sondern es auch ernsthaft angehen. Wir erwarten die Evaluierung der AlphaDekade – wahrscheinlich noch in diesem Jahr –, um das dann par- lamentarisch aufzugreifen und zu schauen, dass wir wirk- lich etwas für die Menschen machen können, die es be- nötigen, und um dann tatsächlich in dieser Wahlperiode auch noch die Weichen dafür zu stellen, einen Anschluss für die AlphaDekade zu bekommen. Das ist der Unterschied: Wir handeln, Sie reden, Sie verhetzen. Und das lassen wir Ihnen nicht durchgehen. Herzlichen Dank.